Syrien: Untersuchungskommission zur Bilanz der Assad-Diktatur eingesetzt
Die syrische Übergangsregierung hat zwei Kommissionen ins Leben gerufen, um die Verbrechen während der Herrschaft von Baschar al-Assad aufzuarbeiten. Dies wurde durch ein Dekret von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa bekannt gegeben. Die erste Kommission, die „Nationale Kommission für vermisste Personen“, hat die Aufgabe, das Schicksal von Zehntausenden vermissten Häftlingen und anderen Personen, die in Syrien als verschwunden gelten, zu untersuchen.
Laut dem Dekret soll die Kommission die Fälle dokumentieren, eine nationale Datenbank einrichten und den betroffenen Familien Unterstützung anbieten. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme wird durch die anhaltende Ungewissheit über das Schicksal vieler Menschen, die in den letzten Jahren verschwunden sind, unterstrichen. Mehr als fünf Monate nach dem Sturz von Assad bleibt die Situation angespannt, und viele Familien warten verzweifelt auf Informationen über ihre Angehörigen.
Aufarbeitung der Verbrechen
Die zweite Kommission hat den Auftrag, die schweren Verbrechen des ehemaligen Regimes aufzudecken und die Wahrheit über die Geschehnisse während der Assad-Herrschaft ans Licht zu bringen. In Zusammenarbeit mit anderen Behörden soll sie den Opfern der Diktatur helfen und Prinzipien der nationalen Versöhnung sowie der Nichtwiederholung von Verbrechen etablieren. Die Aufarbeitung der Vergangenheit wird von der Übergangsregierung als eine grundlegende Säule für den Aufbau eines Rechtsstaats betrachtet.
Die Gründung dieser Kommissionen erfolgt nach einem bedeutenden politischen Umbruch in Syrien. Am 8. Dezember wurde Baschar al-Assad durch Kämpfer der islamistischen Miliz HTS und verbündete Gruppen gestürzt. In der Folge wurden das alte Parlament und die Regierungspartei Baath aufgelöst, und die Verfassung von 2012 außer Kraft gesetzt. Im Januar wurde Ahmed al-Scharaa zum Übergangspräsidenten ernannt und hat seitdem an der Schaffung einer neuen politischen Ordnung gearbeitet.
Übergangsverfassung und politische Ziele
Mitte März unterzeichnete Scharaa eine Verfassungserklärung, die die Grundlage für eine fünfjährige Übergangsperiode nach dem Sturz von Assad bildet. Diese Erklärung legt fest, dass die Gewaltenteilung, Frauenrechte sowie Presse- und Meinungsfreiheit in Syrien gewährleistet werden sollen. Gleichzeitig wird in der Übergangsverfassung festgelegt, dass der Präsident die oberste Exekutivgewalt innehat.
Die politischen Entwicklungen in Syrien sind von großer Bedeutung für die Zukunft des Landes. Nach dem Ende der Übergangsperiode sollen Wahlen stattfinden, die eine neue politische Landschaft schaffen könnten. Die Einführung dieser Kommissionen zur Aufarbeitung von Verbrechen ist ein erster Schritt, um die Gräueltaten der Vergangenheit zu adressieren und eine Grundlage für den Wiederaufbau und die Versöhnung in der syrischen Gesellschaft zu schaffen.
Quelle: https://orf.at/stories/3394181/
